
Helga Fassbinder besuchte das humanistische Kurfürst-Friedrich-Gymnasium in Heidelberg (Abitur 1960, Schulpreis für Geschichte) und studierte anschließend Kunstgeschichte und Geschichte an den Universitäten Heidelberg und Marburg, Architektur und Stadtplanung an den Technischen Universitäten Braunschweig und Berlin (Dipl.-Ing.) sowie Politikwissenschaft an der Universität Bremen (Dr. rer. pol. summa cum laude).
Als Professorin für Stadtplanung und Stadterneuerung lehrte sie an der Technischen Universität Eindhoven und an der Technischen Universität Hamburg-Harburg sowie als Gastprofessorin an verschiedenen europäischen Universitäten. Sie war Vorsitzende der Support the Anne Frank Tree Foundation und ist Vorsitzende der Biotope City Foundation. Seit 2006 ist sie Chefredakteurin der internationalen Online-Zeitschrift Biotope City Journal.
Helga Fassbinder steht für eine Form der Stadtplanung, bei der neben der Bürgerbeteiligung die öffentliche Kommunikation zwischen den verschiedenen städtischen Akteuren, Vertretern der beteiligten Fachdisziplinen und politischen Entscheidungsträgern eine wesentliche Rolle spielt. Die Wiedereingliederung von Naturelementen in die dichte Stadt sieht sie als zentrale Methode zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels und zur Stabilisierung sozialer Gemeinschaften im urbanen Raum.
Ende der 1960er Jahre trat sie mit dem Postulat der Erneuerung der Innenstädte durch Renovierung und Modernisierung auf und setzte der damals vorherrschenden Praxis des Kahlschlags mit Neubau die Renovierung vorhandener Gebäude entgegen, was sie mit Aktivitäten in Berlin-Kreuzberg auch in die Praxis brachte und mit verschiedenen vielbeachteten Publikationen in der Fachwelt verständlich machte. Von 1970 bis 1975 war sie Mitglied der Redaktion von Arch+.
1975 wurde sie auf den ersten Lehrstuhl für Stadterneuerung in Europa an der Technischen Universität Eindhoven (NL) berufen. Sie propagierte das Konzept der projektorientierten, dezentralen Stadterneuerung und regte es mit zahlreichen Vorträgen in europäischen Städten an. In den 1980er Jahren war sie in der europäischen Kampagne für Stadterneuerung aktiv und vertrat die Niederlande in Genf bei dem Economic Council for Europe (ECE) im Ausschuss für Wohnungswesen, Bauwesen und Raumordnung, Arbeitsgruppe Stadt- und Regionalplanung zur gebietsbezogenen Stadterneuerung. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe wurden 1987 vom niederländischen Ministerium für Wohnungswesen, Raumordnung und Umwelt in dem Bericht „An area based approach to Urban Renewal“ veröffentlicht. In den 80er und 90er Jahren war sie Mitglied verschiedener Beratungskommissionen der Niederländischen Regierung, so der Kommision für Bauökonomie, der für Wohnungsversorgung sowie der für Experimente im Wohnungsbau.
Von 1990 bis 1998 war sie an der Technischen Universität Hamburg-Harburg tätig als Leiterin des Instituts für Stadtplanung. In dieser Funktion war gab sie die Buchreihe „Harburger Berichte zur Stadtplanung“ heraus.
Berliner Stadtforum
1990 entwickelte sie das Konzept eines Planungsforums für Berlin, das von Volker Hassemer, dem damaligen Senator für Stadtentwicklung, positiv aufgenommen wurde. In diesem Planungsforum sollten Vertreter aller wichtigen Akteure einer Stadt zu einem offenen, transparenten Diskurs über alle anstehenden Planungen und größeren Planungsvorhaben zusammenkommen. Diese Idee wurde von der Senatorin aufgegriffen. Als Mitbegründer des „Stadtforum Berlin. Fassbinder war bis 1996 Mitglied des Lenkungsausschusses. Sie dokumentierte den Ansatz und die Erfahrungen des Stadtforums Berlin in Aufsätzen und in einer Buchpublikation mit dem Titel „Stadtforum Berlin. Eine Übung in kooperativer Planung“.
Anne Frank Kastanie
2007 gründete sie die Stiftung zur Unterstützung des Anne-Frank-Baums, die sich für den Erhalt des „Anne-Frank-Baums“ einsetzt, der Kastanie, die für Anne Frank während der Zeit, in der sie sich mit ihrer Familie im Amsterdamer Hinterhaus an der Prinsengracht versteckte, der einzige Blick aus dem Dachfenster war. Seit Februar 2008 kümmert sich die Stiftung intensiv um diesen Kastanienbaum. Die Stiftung zog Setzlinge der Kastanie an, die an verschiedenen Orten in Europa und in Israel als lebendige Mahnmale für Toleranz, Freiheit und gegen Rassismus gepflanzt wurden. Die Stiftung wurde 2013 geschlossen und ihre Aufgaben auf die World Tree Foundation übertragen.
Biotope City
Mit dem gleichnamigen internationalen Kongress an der Technischen Universität Eindhoven führte sie 2002 das Konzept der Biotope City ein, das die intensive Begrünung von gebauten Strukturen als effizienteste und zugleich kostengünstigste Methode zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels vorsieht, ausgehend von der Idee der hochverdichteten Stadt als einer Form von Natur. In der Folge gründete sie die Stiftung Biotope City, die sich für die Integration von Natur in die verdichtete Stadt einsetzt. Seit 2006 gibt die Stiftung u.a. die Online-Zeitschrift Biotope City Journal (Deutsch und Englisch) heraus, organisiert Konferenzen und Workshops. Seit 2022 veranstaltet die Stiftunt zusammen mit zwei Instituten der Universität für Bodenkultur regelmässig webinars, die auf dem Youtube Kanal des Journals Biotope City zu verfolgen sind.
Ab 2010 arbeitete sie mit dem österreichischen Architekten Harry Glück zusammen, um die Planung und den Bau einer „Biotope City“ in Wien zu initiieren. Ab 2013 war sie beratend am Projekt „Biotop City Wienerberg“ beteiligt, das mit rund 1.000 Wohnungen und Wohnfolgeeinrichtungen auf dem ehemaligen Coca-Cola-Gelände am Wienerberg errichtet und im Frühjahr 2021 fertiggestellt wurde.[1] Ab 2016 begleitete sie mit einem Team der Universität für Bodenkultur Wien im Rahmen eines Forschungsprojekts die Planung und Errichtung dieses Projekts wissenschaftlich. 2018 erhielt dieses Projekt den Status eines Pilotprojekts der Internationalen Bauausstellung Wien (IBA) 2022 und wurde bei der IBA-Abschlusspräsentation 2022 vorgestellt.
Helga Fassbinder war Mitglied des Vorstandes der SAR (Stichting Architekten Research) und der Foundation Open Building und ist Mitglied des Deutschen Werkbunds Berlin. Von 2003 bis 2013 war Helga Fassbinder Mitglied und stellvertretende Vorsitzende der Technischen Beratungskommission Hoofdgroenstructuur (Grünstrukturkommission) der Stadt Amsterdam. Sie ist neben Vorträgen und Publikationen tätig als Redakteurin der online Journals Biotope City. Sie lebt in Amsterdam und Wien.
email: mail@helgafassbinder.com
www.helgafassbinder.com
Publikationen auf BIOTOPE CITY JOURNAL – [für andere, vor allem ältere Publikationen: schauen Sie auf ihre homepage]
- THE EXAMPLE OF BIOTOE CITY WIENERBERG – THE GREEN CITY AT THE CROSSROAD OF DISCIPLINES, INVESTORS AND AUTHORITIES
- ANTENNEN IN DIE ZUKUNFT aus Wissenschaft, Philosophie, Kunst, Architektur und Städtebau. Innsbruck 2024
- BIOTOPE CITY – DIE DICHTE STADT ALS NATUR am Beispiel der Biotope City Wienberg in Wien. WORLD GREEN INFRASTRUCTURE CONFERENCE BERLIN 2023
- Mit dem Blick zurück in die Zukunft – aus der Vergangenheit lernen.
- Die Immobilienwirtschaft entdeckt die grüne Stadt
- BIOTOPE CITY – DIE DICHTE STADT ALS NATUR – EINE EINLEITUNG ZUR GLEICHNAMIGEN TAGUNG AM 4/10/19 AM CSM TU BERLIN
- BIOTOPE CITY – DIE GARTENSTADT DES 21. JAHRHUNDERTS
- „In der Natur ist kein Irrtum, sondern wisse, der Irrtum ist in dir.“ Leonaro da Vinci
- Biotope City auf der Art Exhibition PARALLEL VIENNA 23
- Stadt lebenswert gestalten – Bürgerschaftssinn und Unternehmergeist
- The production of the future: urban planning in civil society
- EIN BIOTOPE CITY QUARTIER FÜR WIEN
- A BIOTOPE-CITY-QUARTIER FOR VIENNA
- NUR RETROSPEKTIVE NACH 50 JAHREN ODER ERNEUTE AKTUALITÄT?
- URBAN WOODS – a Lesson by Milan World Expo 2015
- WILDLIFE IN THE CITY
- WILDPARK CITY
- URBAN FARMING AND BUREAUS – ‚ZUIDPARK‘ IN AMSTERDAM
- PIONEERS OF URBAN GREEN:: HARRY GLÜCK
- IN MEMORIAM HARRY GLÜck: AN OBIT
- IN MEMORIAM HARRY GLÜCK: EIN NACHRUF
- BIOTOPE CITY – DIE GARTENSTADT DES 21.JAHRHUNDERTS
- BLATTGRÜN:EFFIZIENT UND KOSTENGÜNSTIG IM KAMPF GEGEN DEN KLIMAWANDEL
- THE CITY AS NATURE – PROGRAMMING A U-TURN IN ARCHITECTUTE AND URBAN PLANNING / DIE STADT ALS NATUR – EINE KEHRTWENDE IN ARCHITEKTUR UND STADTPLANUNG
- THE NEW PLANNING REALITY: THE CITY AS NATURE
- THE PHILOSOPHY OF THE GREEN
- ZUR PHILOSOPHIE DES GRÜN
- RED AS GREEN – THE CITY AS NATURE: THOUGHTS ON AN URBAN FUTURE
- ROT ALS GRÜN – STADT ALS NATUR: Gedanken über eine urbane Zukunft
- Interview mit W. Czaja in ‚Der Standard‘: DIE STADT BRAUCHT MEHR GRÜN
- Interview mit Uta Gensichen: GRÜN HAT KEINE WIRTSCHAFTLICH GEWICHTIGE LOBBY
- THE CITY AS A ROCKY LANDSCAPE
- SMART CITY AS A SOCIO-ECOLOGICAL CHALLENGE
- VOM URBANEN GRÜN ZUR GLOBALEN VERANTWORTUNG
- BIOTOPE CITY AS TEACHING
- WOHNBAU IM KLIMANOTSTAND – BEHUTSAM ODER RADIKAL?
- THE CONCEPT OF „BIOTOPE CITY“
- Das Biotope City Quartier im 10. Wiener Gemeindebezirk
- Die Biotope City Wienerberg – was ist daran so besonders?
- THE PIONEERS: TREE HOUSE, DARMSTADT 1970 : Ot Hoffmann
- A COMMUNITY GARDEN…. ON THE ROOFTOP OF A SCHOOL
- FORÊT et NATURE – FOREST and HARVESTING : Musée de la Chasse et de la Nature, Paris
- GRÜN HAT KEINE WIRTSCHAFTLICH GEWICHTIGE LOBBY
- THE CITY AS A ROCKY LANDSCAPE
- Die Nuthe-Siedlung in Potsdam – ein Photo-stream
- 50 Jahre ARCH+ Rückblick & Ausblick