B.Sc. Sebastian Hafner und D.I. Thomas Matthias Romm

Kreislaufwirtschaftliche Ansätze behaupten ihren Platz in der Architektur – in Theorie und Praxis. Doch wie sieht es im Städtebau aus? Hier können Weichen für ein regeneratives Bauen gestellt werden, das Stoffflüsse im Bauen als gemeinwohlorientierten Zyklus von Rückbau zu Erdbau und Neubau denkt. Mit dem Modell des „Ökologischen Geschossbaus“ werden diese Massenstrategien als Landschaft verräumlicht. 

Es gilt zu formulieren, wie dabei auch lebenswerte, biodiverse und ökologisch aktive Räume, die versiegelungsneutral und klimaresilient sind, entstehen. Ansätze in diese Richtung werden im kommenden Biotope City-Seminar vorgestellt.

Sie können diesen Beitrag verfolgen auf dem youtube Kanal von Biotope City Journal:

Diese Vortragsreihe ist eine Kooperation zwischen der Stiftung Biotope City, dem Institut für Landschaftsplanung (ILAP) und dem Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau (IBLB) der Universität für Bodenkultur Wien. 

Zugabe:

Mein Wien anno 2020

Helga Fassbinder

Ich hebe den Schleier und sehe: Es wird eine grüne Hochburg sein, weltweit berühmt für ihren Umgang mit Stadterweiterung in höchster Verdichtung, eine Metropole als Natur, die die lange sommerliche Hitze nicht mit Airconditioning, sondern auf natürliche Weise abkühlt, quasi durch einen Wald von Blättern. 

Dabei wird das Wien von 2120 um das Dreifache gewachsen sein. Doch die alte Stadt liegt nun ringsum eingebettet in grüne Hügel – im Süden die vertraute Wienerberglandschaft, aber jenseits der Donau hat sich eine neue Hügellandschaft erhoben, Hügel aus immens hohen, begrünten Gebäuden, eingekleidet in Algen, bedeckt mit Blattgrün, terrassenförmig ansteigend, rundum Balkone mit tiefen Trögen in üppigem Grün. 

Damit, jawohl, hat Wien auf dem Weg in die Zukunft auf eigene Meilensteine zurückgegriffen – auf die Hochhäuser von Alterlaa, auf die grünen Fassaden der 2010er- und 2020er-Jahre, auf die autofreie, von begrünten und baumbewachsenen Freiflächen durchzogene Biotope City am Wienerberg. Das Know-how von damals wurde hellsichtig weiter entwickelt: In den großen inneren Hohlräumen der künstlichen Hügel befinden sich – neben zahlreichen Räumen für soziale  Aktivitäten – die Gärten der urbanen Landwirtschaft. 

2120 kann sich Wien im Wesentlichen autark ernähren. Unter energiearmen Leuchtkörpern wachsen Salate und Gemüse aller Art, Fische schwimmen in großen Becken, auch Geflügel und Säugetiere werden hier gehalten, denn trotz starken Rückgangs im Fleischkonsum gibt es dafür immer noch ausreichend Nachfrage – sehr zum Ärger von radikalen Öko-Freaks. 

Das Grün der künstlichen Hügellandschaft ufert in die Straßen der alten Stadt aus. Wo vor hundert Jahren noch Autos parkten, gibt es nun Gärten, und selbst enge Gassen gleichen oft fast grünen Schluchten mit an vielen Fassaden emporrankenden Pflanzen. Nur schmale Fahrbahnen gibt es noch, die Menschen bewegen sich zu Fuß, auf Fahrrädern, auf Scootern, für darüber hinausgehende Bedarfe huschen auf Abruf lautlos selbstfahrende Taxis herbei. Garteln, von der MA 48 großzügig gefördert, ist das große kollektive Urban Doing geworden und hat auf diese Weise zu einer ausgeglichenen Gesellschaft beigetragen – und das trotz ihrer heterogener Zusammensetzung. 

Dennoch gibt es in dieser fast idealen Wiener Welt etwas, was man hundert Jahre zuvor nicht gekannt hatte, eine neue Form von Klein-Kriminalität: Urban Hunting. In den Gartenstrassen der Bezirke tummeln sich Hühner, Tauben, Kaninchen, immer wieder auch Füchse, Wildschweine und wilde Waschbären. Ihr größter Feind ist der menschliche Karnivor. Erst kürzlich wurde Wien zur „Weltmetropole der urbanen Natur“ gekürt.