Wir entwerfen und bauen Produkte, die auch noch in mindestens 100 Jahren ihre Funktion erfüllen sollen. Dabei können wir freilich keine Vorstellung benennen über die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Zustände in 100 Jahren. Wohl aber können wir mit einiger Sicherheit Aussagen machen über Klima, Weltbevölkerung, Ressourcenvorrat und Biodiversität in 100 Jahren, wenn sich die Dinge weiter so entwickeln, wie sie es in den vergangenen Jahrzehnten getan haben und es uns nicht gelingt, schnellstens weltweit unser menschliches Verhalten zu verändern hinsichtlich Klimaschädigung, Ressorucenverbrauch, Geburtenrate und Biodiversitätsschutz. Leider ist die Wahrscheinlichkeit dafür gering. Somit können wir bereits einiges sagen über die Rahmenbedingungen, die die Bauten, die wir jetzt erstellen, berücksichtigen müssen, um auch in 100 Jahren ein gutes, erträgliches Leben in unseren Städte zu gewährleisten.

Die folgenden Ausführungen liefern dazu einen konkreten Beitrag. Sie wurden von mir in Form einer Serie von Folien mit Text und Illustration im Mai 2022 im Rahmen einer Konferenz des Deutschen Werkbunds in Berlin vorgetragen.

Ich beginne mit einem offenkundigen Faktum, das aber ebenso offenkundig wenig bedacht wird. Wir wissen zwar, dass wir unsere Städte nachhaltig planen, bauen und entwickeln müssen, aber wir haben wenig mehr als das Heute vor Augen, wenn wir dies sagen. Was aber heisst Nachhaltigkeit in Wirklichkeit für die ‚Produkte‘ unserer Arbeit, der Arbeit von Architekten und Stadtplanern? Wir sind nicht Bäcker, die jeden Tag aufs Neue ihre Brote backen, die sogleich verzehrt werden und dem Bäcker jeden Tag aufs Neue die Möglichkeit der Nachjustierung in Sachen Nachhaltigkeit bieten. Unsere Produkte, Bauten und städtischen Strukturen müssen auch in 100 Jahren noch funktionieren, sie müssen im wesentlichen auch in 100 Jahren noch ein erträgliches, lebenswertes urbanes Dasein bieten können. Sie müssen als im wesentlichen, das heisst: in ihren Grundstrukturen nachhaltig sein.

Ist ein solches ‚Vorwärts-Denken‘ überhaupt möglich, werden Sie fragen. Sind wir nicht strukturell überfordert mit unserer Aufgabe in Zeiten rasanter Entwicklungsgeschwindigkeiten? Was ist überhaupt vorhersehbar?

was folgt nuneine Übersicht:

Die heutigen Probleme von Städten auf allen Ebenen – soziale Ungleichheit, Migration und Integration, Verkehr, Klima – sind seit Jahrzehnten bekannt. Was sind unsere Antworten, unsere Bewältigungsstrategien? Kritisch sehe ich, dass große, umfassende und weitreichende Konzepte fehlen, um diese Probleme effizient und langfristig anzugehen. Damit meine ich Konzepte, die von einer Zukunft in 100 Jahren her gedacht werden. Denn Lösungen sollten ja ‘Zukunftswert’ haben und nicht kleine aktuelle Wundpflaster sein. Einige Probleme, die uns dauerhaft begleiten und sich noch im Laufe der nächsten Jahrzehnte drastisch zuspitzen werden, sind ja jetzt schon bekannt und gut mit Daten prognostisch unterbaut. Wir können nicht zu allen zukünftigen Entwicklungen Aussagen machen, doch zu manchen wohl; Probleme, die uns bereits dauerhaft begleiten und die sich in den nächsten Jahrzehnten noch dramatisch zuspitzen werden, sind die folgenden vier:

  • ein nahezu explosionsartige globale Bevölkerungsentwicklung, die wohl zu Beginn des nächsten Jahrhunderts bereits die 14 Milliardenschwelle erreichen kann,
  • eine erhebliche Aufheizung der Erde, genannt Klimawandel, die ohne drastische Massnahmen laut dem 3. IPCC-Bericht sich zu einer Erhöhung der Durchschnittsptemperatur um 3,2 Grad führen wird,
  • als Folge dessen große globale ‚Völkerwandungen’ aufgrund starken Schrumpfens der von Menschen bewohnbaren Erdoberfläche,
  • ein dramatischer Rohstoffmangel, der sich nun bereits abzeichnet und den Hintegrund für kriegerische Auseinandersetzungen bildet,
  • enorme Biodiversitätsverluste, die unsere Möglichkeiten der Bewältigung von Problemen stark einschränken werden.

Nüchtern besehen müssen die Städte nun bereits so umgebaut und entwickelt werden, sodass diese Probleme abgemildert werden können. Mein Rezept, das vielen von Ihnen bekannt sein wird, ist das Konzept Biotope City: Die dichte Stadt als Natur. Das bedeutet, Neubau und ebenso auch Bestandsverdichtung muss gleichzeitig mit starker Begrünung einher gehen – Begrünung mit allem, was grün wächst, und dies auf allem, was gebaut ist und gebaut wird: die ‘grüne Haut über der Stadt‘. Das heißt, statt Stadtexpansion ins Umland und in die ’Natur’ hinein – umgekehrt eine Expansion der Natur in die Stadt hinein. Also eine Form von Stadtentwicklung, die nicht nur natürlichen Boden erhält, sondern auch Biodiversität schützt und stärkt und wodurch dennoch die wachsende städtische Bevölkerung aufgefangen werden kann. Diese Integration der Natur in die Natur bietet dann auch neuen Lebensraum für Flora und Fauna, fernab der Bedrohung durch die industrialisierte Agrawirtschaft.

Gleichzeitig zwingt uns der zu erwartende und nun bereits spürbare Ressourcenmangel, unseren Konsum auf allen Ebenen zu überdenken und einzuschränken, sowohl räumlich als auch stofflich. Dieses Thema rüttelt aber an de Grundfesten unserer Gesellschaften. Dies kann nur breit orchestriert in die öffentliche Debatte eingeführt werden und ist nicht nur eine Aufgabe der Städte, denn es stößt an die fundamentalen Parameter unserer auf Wachstum gepolten Gesellschaften.

Ich formuliere das Konzept Biotope City mit einem Kernsatz und zerlege diesen in drei Prinzipien.

…das heißt also:

…und hier tauchen Probleme auf:

Die Bewältigung dieser Probleme erfordern Mut, Neuland zu betreten und Mut zum Risiko – nicht einfach in einem Sektor, in dem Technik und Gesellschaft so eng und hoch komplex mit einander verwoben sind. Doch es kann gelingen und ist gelungen!

Ein erstes städtebauliche Quartier nach dem Konzept BIOTOPE CITY entstand in Wien im 10.Gemeindebezirk auf einem Gelände, das naheu vollständig bedeckt war mit Hallen und betonierten Parkplätzen von CocaCola. Das Gelände war ausgewiesen als Gewerbegebiet und konnte gekauft werden durch Wiener Wohnbaugesellschaften. In einem einjährigen Planungsprozess legten sich Bauträger und Architekten fest auf das Konzept ‚Biotope Ciy‘, also auf eine Entwicklung nach den Prinzipien ’sehr dicht‘ und ’sehr grün‘ auf der Basis von Nachhaltigkeit und Recycling. Dies wurde – wesentlich für den Erfolg der Planung – juristisch festgelegt und als Teil der Bauanfrage bei der Gemeinde eingereicht. Damit gelang es, eine Umwidmung des Geländes von ‚Gewerbegebiet‘ in ‚Wohngebiet‘ zu erreichen. Das Quartier war 2021 fertiggestellt und ist inzwischen bezogen von Bewohnern und gewerblichen Nutzern, bestückt mit Gemeinschaftseinrichtungen, mit Läden, Restaurants, Büros und einem Hotel. Ein Vorzeigeprojekt der Stadt Wien, das inzwischen auch generell das Planen und Bauen in dieser Stadt beeinflusst hat. Hier die Details zu der Biotope City Wienerberg:

Machen wir einen kleinen visuallen Spaziergang durch das autofreie Quartier… Es steht ganz in der grossen Tradition des Wiener Wohnbaus mit seinen bekannten Beispielen, den Wiener Höfen der 20er Jahre – der bekannteste ist der Karl-Marx-Hof – und dem spektakulären Wohnkomplex Alterlaa aus den 70er Jahren, das wohl weltweit das einzige Grossprojekt rein im sozialen Sektor ohne jegliche sozialen Probleme ist: 4.000 Wohnungen, so wertgeschätzt durch die BewohnerInnen, dass es bei der Wohnbaugesellschaft lange Wartelisten gibt. Sein Architekt Harry Glück stand in hohem Alter nun auch an der Wiege der Biotope City. Hier unten die beiden genannten ‚historischen‘ Projekte mit ihren Freiräumen und in der Mitte die Vision, wie die Biotope City Wienerberg in einigen Jahre aussehen wird, wenn das Grün gewachse ist.

Das Quartier ist sehr dicht, für Stadtplaner: nahezu GFZ 3,0, eine Aussage, die manche erschrecken mag, aber tatsächlich nicht die Dichte der beliebten Quartiere des ausgehenden 19.Jhds übersteigt – nur sehr viel grüner ist und zwischen den Blocks und auf den Dächer Freizeitqualität im Grünen aufweist. In Wien hat man dafür den Begriff ‚qualitätsvolle Dichte‘ geprägt.

Das Quartier ist autofrei, der Freiraum mit unterschiedlichen Formen von Grün bepflanzt, Wiesen und Sträucher einheimischer Pflanzen sowie unterschiedliche Möglichkeiten für urban gardening und dazu ein umfangreicher Bestand an Grossbäumen bis hin zu Obstbäumen. Machen wir nun einen kleinen Spaziergang durch den Freiraum – die Fotos sind aus dem Jahr 2021, inzwischen ist das Grün dabei, energisch zu wachsen, ich werde zu gegebener Zeit die Fotos aktualisieren.

289 Grossbäume im Quartier – die noch wachsen müssen…

Das gesamte Gebiet von 5,4 ha, einmal völlig versiegelt, ist nun nur noch zu 40% versiegelt, trotz der dichten Bebauung. Auf dieser Fläche sind 289 Bäume gepflanzt mit einem minimalen Planzumfang von 35 cm, es sind unterschiedliche einheimische Sorten, die einmal bis 30m hoch werden und im Sommer Schatten spenden, während in den Wintermonaten nach Laubfall die dann gewünscht Besonnung da ist. Nebeneinander gepflanzt wäre das ein Wald von ca. 2 ha.

wo immer nur möglich Fassadengrün

Auch an den Fassaden sind überall da, wo es möglich war und den strengen Regeln des Brandschutzes entsprechen konnte, Kletterpflanzen angepflanzt – mit Vorrichtungen wie Seilen und Stangen für rankende Sorten und direkt in die Erde bei denjenigen Kletterpflanzen, die selbstheftend sind, wie zum Beispiel die Varianten des Wllden Weins. Der grosse Vorteil der Fassadenbegrünung ist auch ein ganz praktischer: Begrünten Fassaden sind in der Nacht bis zu 28 Grad kühler als solche, auf die die Sonne tagsüber aufprallen kann – besonders wichtig in den sog. Tropennächten, wenn die Temperatur im Laufe der gesamten Nacht nicht unter 24 Grad absinkt.

natürlich Gründächer – doch sogar mit Schwimmbädern

Natürlich sind auch alle Dächer begrünt und auch teilweise versehen von Hochbeeten für urban gardening – und etwas ganz besonderes ist, dass es auf zwei der Gebäuden mit Sozialwohnungen Schwimmbäder auf dem Dach gibt! Eine Passion von Harry Glück, der in vielen seiner Bauten Schwimmbäder am Dach verwirklicht hat, alle im sozialen Sektor – ein Erfolgsrezept für geringe Mobilität der Mieter, denn wer will nicht in einem Gebäude mit einem Dachschwimmbad wohnen! In der Biotope City Wienerberg zur Errischung und Erholung also nur mit dem Fahrstuhl noch oben…

urban gardening zwischen und auf den Gebäuden

Gelegenheiten für urban gardening gibt es reichlich in unterschiedlichen Formen, direkt im Grund, in Hochbeten, diese sich auch teilweise speziell für Rollstuhlfahrer geschickt gemacht, aber auch auf den Dächern gibt es Hochbeete und jede Wohnung hat ihren Balkon mit einem Balkontrog. Die Hochbeete sind sehr gefragt bei den BewohnerInnen, es gibt schon Wartelisten. Die Balkontrögen wurden bereits zur Hälfte vorbeplanzt, sodass bei Einzug der BewohnerInnen bereits etwas vorhanden war, das man nach gusto weiterentwickeln konnte. Auch bekamen alle BewohnerInnen zum Einzug eine ausführliche Broschüre über den grünen Charakter ihres Quartiers mit Erläuterungen über die Bepflanzung und Anleitung ihrer Pflege in die Hand gedrückt. Mittlerweise hat sich eine engagierte Bewohner-GärtnerInnengruppe gebildet.

…und einiges anderes, was das Leben erfreulich macht

Wichtig sind auch die vielen Gemeinschaftsräume, die inzwischen von BewohnerInnen in Gebrauch genommen werden – und darüber hinaus Wohnfolgeeinrichtungen wie Läden in der Mikro-Achse für den täglichen Bedarf, ein kleines und ein grosses Restaurant, Büros und ein Hotel.

Was bringt das alles?

GREENPASS, die das Projekt wissenschaftlich mit beraten haben, haben eine graphische Übersicht zusammengestellt, die ich Ihnen nicht vorenthalten will:

Ein wichtiger Erfolgsfaktor war der Umstand, dass ein Expertenteam aus Landschaftsplanern und Biologen und ganz entscheidend Spezialisten für mikroklimatische Simulation das Projekt von Anfang an begleitet und beraten haben. Insbesondere die mikroklimatische Simulation durch GREENPASS basierend auf ENVImet war dabei wichtig, mit der die verschiedenen Planungsvarianten hinsichtlich klimatischer Ergebnisse von Windrichtung und Begrünung immer überprüft wurden. Dies hat ermöglicht, dass die Planung fundiert optimalisiert werden konnte und schliesslich eine Variante ausgewählt werden konnte, die die klimatischen Zielsetzungen – Kühlung durch Beplanzung und Windausrichtung – vor dem Hintergrund der Kostenkonsequenzen als beste Lösung ergab. Hier einen Einblick in vier Varianten, worunter dann die ausgeählte ‚planned project‘ realisierte wurde:

Der gesamte Planung- und Realisierungsprozess wurde wissenschaftlich begleitet durch GREENPASS basierend auf micro-klimatischen Simulationen (ENVImet).

…und das ist das erfreuliche Resultat der gebündelten Anstrengungen:

Ich glaube man kann ohne Übertreibung sagen, dass wir mit dem Ergebnis zufrieden sein dürfen. In vielem hat das Projekt neue Wege bewandelt und gewagt, die gängigen Verfahrensweisen zu verlassen – was Mut zum Risiko und zum Lernen bedeutete. Natürlich gibt es auch manches, was bei einem nächsten Biotope City Projekt – das schon in den Startlöchern steht – noch besser gemacht werden kann. Zufrieden kann man auch damit nicht sein, dass der gesamte Komplex nicht mit mehr nachhaltigen Baustoffen gebaut worden ist. Doch muss man bedenken, dass der Beginn des Projektes über 10 Jahre zurückliegt und etwa Holz als Baustoff seinerzeit unerschwinglich war und leider nun und wohl auch in der nächsten Zeit wieder unerschwinglich sein wird.

Ein wenig stolz sind alle, die mitgewirkt haben, auch die Stadt Wien, für die es zu einem Vorzeigeprojekt geworden ist. Das Projekt hat das weltweit erstmalig erreichte Greenpass Prädikat ‚Platinum‘ erhalten. Hier die stolze Baustadträtin Kathrin Gaál bei der Überreichung des Prädikats (Foto rechts mit Florian Kraus von GREENPASS) und der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (Foto links mit der Vorsitzende der SPÖ Pamela Rendi-Wagner und Kathrin Gaál).

Die Biotope City Wienerberg erfreut sich eines grossen Interesses von Besuchern, immer wieder kommt auch Prominenz aus dem Ausland zur Besichtigung. Hier der Präsident der Republik Irland mit seiner Frau, der sich ein Hochbeet für urban gardening zeigen lässt – und sämtliche Pflanzen beim Namen nennen konnte!

Ich will Ihnen in einige Stichworten verdeutlichen, was die Besonderheiten in der Vorgehensweise dieses Projekts darstellten, die es erlaubten, zu diesen bemerkenswerten Ergebnissen zu kommen. Als erstes muss hervorgehoben werden, dass sich in einem längerem Prozess alle Bauträger, Architekten und beratenden Experten auf die Zielsetzung einigten, das Konzept Biotope City dieser Planung zugrunde zu legen. Dies mündete in einer detailierten Beschreibung von Qualitätskriterien, ausgehend von den spezifischen Bedingungen des Ortes. Dieser Qualitätenkatalog wurde von allen Bauträgern unterzeichnet und bildete einen Bestandteil der zur Genehmigung durch die Stadt eingereichten Planung. Dadurch gelang es, Aspekte, die üblicherweise die ersten Opfer bei Einsparungen bei finanziellen Engpässen im Laufe der Realisierung sind – so das Grün – zu retten, obwohl im Luafe des Bauprozesses die Baupreise um nahezu 25% anstiegen.

Dabei ist muss man sich vor Augen halten, wieviele Menschen aus wievielen Disziplinen, Organisationen und Unternehmen an solch einem grossen Projekt beteiligt sind. Sie alle müssen sich koordiniert dem Neuen stellen, sie alle müssen in dieselbe Richtung auf das selbe Ziel schauen. Dass dies gelang, ist der Überzeugungskraft des Konzepts zuzuschreiben – aber auch einer überzeugten Koordination der Projektsteuerung und der Überzeugung der Bauträger, dass damit die grossen bevorstehenden Veränderungen bewältigt werden können und eine langfristige Sicherung der Investitionen gelingt.

Zusammengefasst hier die wesentlichen Besonderheiten des Planungs- und Umsetzungsprozesses:

Ein wichtiges Ergebnis für weitere Projekte nach diesem Konzept ist die ‚Biotope City Bauanleitung‘. Die Biotope City Wienerberg wurde nämlich, nachdem einmal der städtebauliche Plan genehmigt war, in allen weiteren Schritten wissenschaftliche begleitet durch ein multidisziplinäres Experten-Team unter Leitung des Instituts für Landschaftsplanung (ILAP) der Universität für Bodenkultur, finanziert durch die österreichische Forschungsförderung. Ergebnis ist eine Bauanleitung, wie man eine klimaresiliente, grüne und naturinklusive Stadt, eine Biotope City auf der Basis von Nachhaltigkeit, Ressourcensparsamkeit und Recycling bauen kann. Online verfügbar, jedoch auch in Papierform bei der IBA Wien erhältlich.

Ein solches Projekt, das in so vielen Aspekten Neuland betritt, bedarf der politischen Unterstützung – planen und bauen geschieht immer quasi in einem Terrain, das durch Gesetze und Regelungen ‚vermintem’ist; da sollte amtlicherseits offen mitgedacht werden, wenn das Regelsystem flexibilisiert werden muss. Die Stadt Wien hat seit vielen Jahren offene Ohren für die Erkenntnisse von Meteorologen über die drohende Erderwärmung und den Klimawandel. Klimaziele sind schon frühzeitig im Stadtentwicklungsplan der Stadt aufgenommen worden, neuerdings auch im Regierungsprogramm der Stadt Wien und als jüngster Schritt ist ein Klimarat installiert worden, der über den Magistratsabteilungen angesiedelt ist und der die Aufgabe hat, die Koordination von Klimaaktivitäten der verschiedenen Behörden herzustellen. Nota bene ist der Forstdirektor zu seinem Vorsitz ernannt worden – und wir haben es nun mit einem Programm „Bäume statt Parkplätze“ zu tun, aufgrund dessen bis 2025 zusätzlich 25.000 Bäume geplanzt werden sollen.

Bereits seit 2010 werden Begrünungsexperimente unterstützt, das erste davon ist die spektakuläre Begrünung des Gebäudes der Magistratsabteilung MA48 – dieses Begrünungsprojekt wurde von Anfang an wissenschaftlich begleitet von einer Forschungsgruppe der Universität für Bodenkultur und hat überzeugende Ergebnisse hinsicht der Wirkung auf Kühlung und Wärmedämmung erbracht – an anderer Stellen auf BCJ ist davon berichtet.

Das Gebäude der MA 48 im Jahr 2009 und in 2020

Die Stadt Wien hat 2020 für die Förderung von Grünfassaden bis 2023 die Summe von 1 Mill. € bereit gestellt. Das hat die Begrünung von Hausfassaden an den Strassenseiten und in Innenhöfen und selbst auf Baumscheiben in Gang gebracht. Und das geht selbst mit einfachen Mitteln: das Selbstbauprojekt BeRTA ermöglicht Bwohnern und Eigentümen, Pflanzkübel vor ihren Fassaden aufzustellen, aus denen heraus Wilder Wein und andere selbsthaftende Kletterpflanzen wachsen können; und nicht zu vergessen das Modell-Projekt 50 grüne Häuser im Rahmen der IBA, die Vorbildcharakter haben. Dazu ganz wichtig: die Magistratsabteilung für Umwelt hat eine sehr ausführliche Broschüre erarbeitet, einen ‚Leitfaden der ‚Bauwerksbegrünung‚, der umfassend Beispiele hinsichtlich Planzen, Technik, Instanthaltung und Kosten dokumentiert und nun bereits in 2. Auflage online und in Papierform frei erhältlich ist. Inzwischen ist die Frage der Energiegewinnung über Photovoltaik thematisiert und wird verfolgt in der win-win-Kombination von Grün und Photovoltaik. Auch das Regelstystem des Brandschutzes ist weiterentwickelt worden aufgrund von Brand-Experimenten in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur.

Aber nicht nur inhinblick auf Begrünung hat sich viel bewegt im Regelsystem der Stadt Wien. Die Erfahrungen nicht zuletzt auch der Biotope City Wienerberg sind eingeflossen in die Anforderungen an das Bauen. In die Liste der Beurteilungskriterien für Wohnbau durch den Wohnfonds, die zentrale Stelle der Förderungsvergabe und Genehmigung im Wiener Wohnbau, ist ganz öben das Kriterium ‚Ökologie‘ sowie die Verankerung der Qualitätssicherung aufgenommen worden.

Viele dieser Errungenschaften ist zu sehen in der Schlusspräsentation der Internationalen Bauaustellung Wien 2022, die vom 23.Juni bis 13. November sowohl in einer Übersichtsausstellung als auch mit vielen Führungen vor Ort gezeigt wird, und zu der ich Sie herzlich einladen möchte.

Und natürlich sollten Sie dann auch die Biotope City Wienerberg besuchen und die sichtbaren, aber auch die unsichtbaren Qualitäten dieses Quartiers aufspüren. Zu letzterem hier die Broschüre ‚Hidden Treasures, die die nicht sichtbaren Besonderheiten dieses Projekts erläutert.

Überlassen wir der Vizebürgermeisterin das Schlusswort:

…gefolgt von einer Einladung zur IBA Wien 2022