HIGH LINE New York EINST OASE, JETZT THEMENPARK

von | Aug 22, 2010 | Architektur & Stadtentwicklung, Categorieën, Galerie | 0 Kommentare

Hier eine kurze Erklärung des Projekts:“…Die High Line ist eine ca. 6 m über dem Strassenniveau verlaufende Bahnlinie, die in den 30er Jahren erbaut wurde, um gefährliche Güterzüge von den Strassen Manhattans fernzuhalten…. „Friends of the High Line“ wurde von den Anwohnern der High Line Joshua David und Robert Hammond mit dem Ziel gegründet, die High Line zu erhalten und als öffentlichen Raum umzugestalten. „Friends of the High Line“ ist die nach einem Abkommen mit der Parkverwaltung New Yorks für die Erhaltung und Finanzierung der High Line aus privaten Mitteln zuständige Körperschaft.
Wenn alle Abschnitte fertiggestellt sein werden, wird die High Line ein ca. 2,4 km „Hochpark“ sein, der durch die auf der westlichen Seite Manhattans gelegenen Bezirke Meatpacking District, West Chelsea and Clinton/Hell’s Kitchen laufen wird.
Dieser Hochpark besteht aus einer integrierten Landschaft, die meandernde betonierte Wege mit Bepflanzungen, die der Natur nachempfunden sind, kombiniert; gestaltet von den Landschaftsarchitekten James Corner Field Operations in Zusammenarbeit mit dem Architekturstudio Diller Scofidio + Renfro. Feste und bewegliche Sitzgelegenheiten, Beleuchtung und andere spezielle Einrichtungen sind auch in dem Park vorhanden…“
Und hier der „Generalbepflanzungsplan“:
„Die Bepflanzung der High Line ist inspiriert durch die Pflanzen, die sich während der 25 Jahre, in denen das erhöhte Schienensystem nicht mehr benutzt wurde, nachdem die Züge aufhörten zu fahren. Die 210 verschieden Arten von mehrjährigen Pflanzen, Gräsern, Büschen und Bäumen auf Sektion 1 wurden wegen ihrer Widerstandsfähigkeit, Nachhaltigkeit und ihrer texturellen und farbigen Varietät ausgewählt, mit einem Schwerpunkt auf einheimischen Arten. Viele der Arten, die ursprünglich auf dem Schienenbett der High Line wuchsen, sind in die Parklanschaft [= Bepflanzung] integriert. Die Bepflanzung legt auch einen Schwerpunkt auf unterschiedliche Blütezeiten, wobei die Pflanzen von Sektion 1 von spätem Januar bis Mitte November blühen…“ So zu lesen auf www.thehighline.org
Die High Line hat sich mitlerweile als Bombenerfolg herausgestellt, mit bisher 2 Millionen Besuchern aus aller Welt, darunter auch viele, die aus professionellen Gründen kommen. Einige Stätde in den USA sind auch gerade dabei, ähnliche Projekte zu starten. Eine umfassende Geschichte der High Line hat die New York Times hier veröffentlicht:. Nichtsdetotrotz gibt es auch Kritik: Enttäuschung, weil einmal wieder die Chance verpasst wurde, ein Stück „unberührter“ Natur in der Stadt zu erhalten. Hier der Bericht, den uns Egon Zippel aus New York gesandt hat:

Die Idee, die High Line als öffentlichen Park zu gestalten ist grundsätzlich ausserst begrüssenswert. Doch als ich zum ersten Mal nach ihrer Eröffnung die High Line für diesen Bericht besuchte, kam es mir schon sehr bedenklich vor, als erstes ein paar schlecht gelaunte Gärtner die Pflanzen eines extrem manikürten, zurechtgestylten, pflegebedürftigen und nach Vorstadgarten aussehenden Parks wässern sehen zu müssen. Es sah aus, als ob das High Line Design Team beschlossen hätte „ein bisschen zu gärtnern“. Rechnet man noch das Geltungsbedürfniss einiger hochrangiger New Yorker Parkverwaltungsbeamten hinzu, dann hat man die Zutaten für diesen weiteren blitzeblanken und sterilen Park.

Bitte nicht falsch verstehen: die High Line ist teuerste Immobilien-Lage, und die Stadt New York dazu zu bringen, diese Fläche der Öffentlichkeit zu widmen ansstatt sie zu verkaufen ist an und für sich schon eine beachtenswerte Leistung.

Aber auch hier, wie oft, hätte weniger mehr sein können: anstatt wenigestens einen Teil der bestehenden, in 25 Jahren der Unberührtheit entstandenen Symbiose von Flora und Fauna zu erhalten, wurde mit einem enormen Budget und grosser Geste einfach Tabula rasa gemacht. ABSOLUT NICHTS blieb übrig vom vorherigen Charme, alles wurde für den distinguierten Stadtgeniesser mundgerecht zubereitet. Die Macher geben vor allem Sicherheitsgründe an, aber auch da kann, oder besser muss man kreative, die bestehende Flora und Fauna resperktierende Lösungen finden, als Beispiel seien hier die ‚Dschungellehrfade“ in den Baumwipfeln im Regenwald von Costa Rica genannt.

Was wäre eine Alternative gewesen?
Man stelle sich die High Line mit diesem in 25 Jahren entstandenen Bewuchs vor. Desweiteren stelle man sich ein interessantes Infosystem vor, das die Pflanzen und Tiere, die sich an einem jeweilgen Ort angesiedelt haben, genau beschreibt. Das wäre eine adäquate Vorgehensweise, um Besucher auf die vielen kleinen Wunder der High Line hinzuweisen. Schulklassen könnten dort Naturzusammenhänge beobachten und so ein besseres Verständniss und eine groessere Wertschätzung für ihrer Umwelt bekommen. Selbstverständlich hätte man auch eine Menge Geld gespart, was eben zum Teil in ein innovatives Infosystem und in eine integrative Besucherführung hätte investiert werden können.
Was kann man tun?

Wir müssen lernen, Bestehendes manchmal einfach zu belassen wie es ist. Wenn eine als Park designierte Fläche – sei es nun eine High Line oder ein unbebautes Grundstück – schon eine organisch gewachsene Flora und Fauna hat, dann müssen Architekten, Landschaftsgestalter und Designer auch in der Lage sein, mit diesem Gewachsenen zu arbeiten. Auch sollten sie sich verpflichtet fühlen, die lokale Flora und Fauna zu kennen und zu fördern, und nicht zu zerstören. Es muss endlich gelernt werden, dass sich ein guter Gestalter auch zurücknehmen darf.

Photos © Egon Zippel