Mitgegeben

Klimakrise findet Stadt. Wie verändert das Klima die Stadt, die Stadt das Klima?

 

 

 

KUPFzeitung #171/2019 – 19.9.2019

Kulturpolitisches Magazin der Kulturplattform OÖ. Sie ist ein zentrales Medium des Kulturdiskurses in Oberösterreich.

Wilfried Hager
Hilfe, Hitzeinsel Stadt!

Der größte Teil der 20 heißesten Jahre seit Mitte des 18. Jahrhunderts lag – erraten! – in den letzten 20 Jahren. Besonders spürbar in der Innenstadt, denn hohe Versiegelung wirkt wie ein Kachelofen. ‹Tropennächte›, werden zum Problem, weil sich besonders ältere Menschen und kleine Kinder nicht gut erholen können. Doch der Klimawandel schreitet voran. Wirksam gegen Überhitzung ist die Begrünung von Fassaden, Dächern, Straßen und Plätzen. An besonderen Punkten ist auch die Vernebelung von Wasser möglich. Nicht gut: weitermachen wie bisher und Klimaanlagen installieren! Die städtische Überwärmung wird dabei zusätzlich gefördert, vom Energiebedarf gar nicht zu reden! Und der Nachbar bedankt sich für die Klimaanlage unter seinem Fenster, welche ihm zusätzlich heiße Luft in seine Wohnung liefert.

Wilfried Hager arbeitet am Magistrat Linz im Geschäftsbereich Planung, Technik und Umwelt und beschäftigt sich mit strategischen Fragen im Bereich Energie und Nachhaltigkeit.

Helga Fassbinder
Baum der Erkenntnis

Das veränderte Klima stößt uns Städter*innen auf eine große Wahrheit, die wir fast vergessen haben: Wir sind Teil eines umfassenden Ganzen, Teil der Natur, und haben uns in ihre Gesetze einzufügen. Die Natur ist kein Steinbruch, dessen wir uns ungestraft bedienen können! Wir lernen neu, dass Blattgrün über einen wunderbaren Mechanismus verfügt: Es versorgt uns mit Atemluft, es speichert Wasser, dunstet Feuchtigkeit aus, kühlt uns und reinigt unsere Luft von kleinsten Partikeln. Wir erkennen: Wir sollten die Stadt mit einer lebendigen grünen Haut überziehen! Bäume und Sträucher pflanzen, wo es geht, Dachflächen zu Gärten machen und die Fassaden zu begrünten Augenweiden. Unser Sich-wieder-Einfügen in die großen Zusammenhänge der Natur wird uns so auch eine neue urbane Schönheit bescheren!

Helga Fassbinder ist Stadtplanerin, Politikwissenschaftlerin und Vorsitzende der Stiftung Biotope City.

Djurdjica Schmidhumer und Manfred Schweiger
Immer mehr Grau

Von der Notschlafstelle musst du ja in der Früh hinaus. Bist dann im Park. Schön war es damals im Schillerpark. Gemeinsam waren wir oft da, heute weniger. Es ist nicht mehr so bunt, idyllisch. Hinten beim Casino war etwas erhöht eine Gartenlaube. Holzspalier, Heckenrosen. Rundum verschiedene hohe Sträucher. Da konntest du dich dann auch einmal kurz zurückziehen. Der Würstlstand war ein grüner, aus Holz. Jetzt sind sie grau, Nirosta. Der Park wurde völlig eben gestaltet. Muss alles einsichtig sein, jeder sieht jeden. Dient der Sicherheit, sagen sie. Eine Parkgarage unter dem Park ist in Planung. Dann kämen auch noch die jahrzehntealten Bäume weg. Mehr Autos, alles noch ein bisschen grauer. Macht nix, unsere Haare sind auch schon grau, dann fallen wir weniger auf.

Djurdjica Schmidhumer und Manfred Schweiger von der Straßenzeitung Kupfermuckn haben gemeinsam das Leben auf der Straße kennengelernt.