BAUWERKSBEGRÜNUNG trifft auf ERNEUERBARE und NACHHALTIGE ENERGIE und BAUTECHNIK – eine neue Herausforderung für interdisziplinäres, integrales Planen und Bauen

Energieeffizientes, nachhaltiges Bauen vereint mit Gebäudebegrünung liegt im Trend und ist die anzustrebende Technologie im Bereich Gebäudebau.
Um Dächer und Wände von energieeffizienten Gebäuden nachhaltig zu begrünen, bedarf es umfangreichem Know-hows im eigenen Gewerk, jedoch auch Wissen über angrenzende Gewerke und deren Anforderungen.
Konstruktive, bauphysikalische und statische Verhältnisse eines Gebäudedaches sind ausschlaggebend für dessen Tragfähigkeit und somit Belastbarkeit. Je nachdem kann der Aufbau eines Gründaches gewählt werden – von extensiver Begrünung mit dünnschichtigen Sedummatten bis hin zum intensiven Dachgarten – Architekten, Zimmerer, Bauphysiker, Dachdecker und Spengler müssen sich mit Dachbegrünern und Dachabdichtern koordinieren. Passiert dies nur unzureichend, sind Mängel und Unzufriedenheit der Kunden vorprogrammiert. Ähnliches gilt auch bei Grünwänden: Neben für die Wandkonstruktion und Verankerung betreffende Gewerke wie Metallbau, Fassadenbau, Statik, Bauphysik sind bis hin zu Landschaftsarchitektur, Bewässerungstechnik und Gärtnerei an Planung, Ausführung und Erhaltung beteiligt. Die Komplexität hinsichtlich Abstimmung von Gewerken nimmt zu, je höher der Einsatz von Technik notwendig ist: Sollen begrünten Flächen mit nachhaltiger Energieproduktion kombiniert werden, wie Dachgärten und Grünwände mit Photovoltaikanlagen stoßen zu den oben bereits genannten Gewerken noch Energietechnik, Elektrik, Haustechnik,… dazu. Ein Mehraufwand hinsichtlich Abstimmung ist vorzusehen und notwendig. Nahtstellen zwischen den Gewerken müssen erkannt und bestmöglich abgestimmt werden.

Als Lösung für diese komplexe Aufgabenstellung – energieeffizientes, nachhaltiges Bauen kombiniert mit Gebäudebegrünung – eignet sich der Ansatz der interdisziplinären, integralen Planung. Dabei verfolgen in einem kreativen Planungsprozess Experten und Expertinnen unterschiedlicher Fachdisziplinen ein Ziel, wie z.B. die Lösung einer technischen Aufgabe. Zu Beginn der Planungsphase einigen sich alle Beteiligten auf gemeinsame Ziele. Im iterativen Planungsprozess werden mehrere Varianten bearbeitet, bis die gesetzten Ziele mit dem Planungsergebnis erfüllt sind. In der anschließenden Ausführungsphase ermöglicht eine stetige Bauüberwachung die Einhaltung der gesetzten Ziele (ACKERMANN, letzter Zugriff am 29.07.2014). Ähnlich dazu definiert die ÖNORM B 1801-1:2009 ‚Kosten im Hoch- und Tiefbau – Kostengliederung’ (ASI 2009) ein Planungssystem in sechs Projektphasen beginnend mit Entwicklungs-, Vorbereitungs-, Vorentwurfs-, Entwurfs-, Ausführungs- bis hin zur Abschlussphase, wobei in jeder Phase die Handlungsspielräume bezüglich Qualität, Kosten und Termine definiert sind und somit sichergestellt werden.

KOVACIC (letzter Zugriff am 29.07.2014), tätig am Institut für Industriebau und interdisziplinäre Bauplanung der Technischen Universität Wien, Österreich erklärt die interdisziplinäre, integrale Planung als Schlüssel für komplexe Planungsaufgaben. Jedoch wird diese in der Praxis noch selten angewandt, da methodisches Know-how fehlt bzw. die Bauverantwortlichen noch nicht bereit sind, höhere Planungskosten im Gegensatz zu traditionellen Planungsprozessen zur Verfügung zu stellen. Wobei sich ein intensiverer Planungsprozess rechnet: KOVACIC (letzter Zugriff am 29.07.2014) stellt dar, dass derzeit für Planung und Bau von Gebäuden 20 % der Lebenszykluskosten kalkuliert werden können. Die restlichen 80 % gehen in der Betriebsphase auf. In der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – HOAI (2010) werden die Planungskosten (Honorare) mit 10 bis 15 % der Bauwerkskosten kalkuliert, dieser Anteil beträgt wiederum 2 bis 3 % der gesamten Lebenszykluskosten. Daraus schließt KOVACIC (letzter Zugriff am 29.07.2014), dass diese 3 % Planungskosten die restlichen 97 % Folgekosten im Lebenszyklus eines Gebäudes wesentlich beeinflussen. Das heißt, dass bestmöglich in der Planungsphase Einfluss auf die zukünftige Kostenentwicklung und Gebäudequalität genommen werden kann. In späteren Phasen werden Optimierungsschritte mehr und mehr teurer und geringer machbar.

Ein interdisziplinäres Planungsteam erarbeitet gemeinsam eine technische Lösung für die Begrünung einer Dachterrasse – Gewerke wie GALABau/Dachbegrünung, Landschaftsarchitektur, Dachabdichtung, Bauphysik, Bewässerungstechnik und Beleuchtungstechnik diskutieren Varianten (Pitha, 2013).

 

Um den Ansatz der integralen, interdisziplinären Planung zukünftig zu forcieren und damit erfolgreiche, nachhaltige, energieeffiziente und begrünte Gebäude zu bauen sowie zu erhalten, ist es daher unumgänglich, in der Stärkung der Qualifizierung von planenden und ausführenden Gewerken, als auch in der Minderung von Kommunikationsproblematiken zwischen den Gewerken (unterschiedliche Fachsprache je Fachdisziplin) anzusetzen.

Neues interdisziplinäres Netzwerk mit vielseitigen Kompetenzen

Aus diesem Bedarf heraus hat sich 2012 eine Gruppe von Personen aus verschiedenen Fachdisziplinen/Gewerken der Wirtschaft und Wissenschaft zusammengetan, um in einem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) gefördertem Projekt eine Kompetenzsteigerung in den Bereichen Bauwerksbegrünungen, Energietechnik und Bauphysik anzustreben, sowie ein neues Netzwerk zwischen den Gewerken aufzubauen.
In dem zweijährigen Projekt ‚GrünAktivHaus’  wird eine neue Qualifizierungsmaßnahme entwickelt, die die Themenbereiche Bauwerksbegrünung, Gebäudetechnik und Energietechnik für den energieeffizienten und nachhaltigen Gebäudebau innovativ verbindet. Gemeinsam wird in einem partizipativen Prozess Basis-, Spezial- als auch Praxiswissen aus den Bereichen Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung, Bewässerungstechnik, Steuerungstechnik, Beleuchtungstechnik, versickerungsfähiger Wegebau, Metallbau, Photovoltaik, Energietechnik, Passivhausbau, Holzbau, Bauphysik, Landschaftsarchitektur, Architektur sowie Garten- und Landschaftsbau zwischen den Fachdisziplinen ausgetauscht. Ziel dabei ist, alle am energieeffizienten, nachhaltigen Bauen vereint mit Gebäudebegrünung beteiligten Gewerke auf einen Tisch zu bekommen und in einem integralen Arbeitsprozess die Anforderungen des eigenen und der anderen Gewerke kennen und verstehen zu lernen.

Das dabei neu generierte, Gewerke übergreifende Know-how wird in einem nächsten Schritt auf ein öffentlich zugängliches ‚Leuchtturmprojekt’ in Planung und Ausführung umgelegt. Der dabei angewandte interdisziplinäre, integrale Planungsprozess ermöglicht die Identifizierung von gemeinsamen Nahtstellen zwischen den Gewerken. In der Planungsphase kann bereits eine bestmögliche Abstimmung erfolgen, wodurch in Folge eine Steigerung der Produktqualität von Bauwerksbegrünung, Gebäudetechnik und Energietechnik sowie eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit erzielt werden (GRÜNAKTIVHAUS, letzter Zugriff am 29.07.2014).

Eine Kleingruppenbesprechung innerhalb des GrünAktivHaus-Projekts. Ein erfahrener Grünraumplaner übernahm das Projektmanagement und leitet den Planungsprozess. Gemeinsam mit dem Metallbautechniker, dem Bauphysiker, dem Begrünungsspezialisten und der Landschaftsarchitektin wird eine Lösung für die Unterkonstruktion der im Entwurf dargestellten Metallkonstruktionen für die Fassadenbegrünungen erarbeitet. Basierend auf den Entwürfen werden hier technische Details abgeklärt, entschieden sowie protokolliert und planlich darstellt (Pitha, 2014).

Kurzvorstellung des GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekts

Mithilfe eines realen Projektes, das ‚Leuchtturmwirkung’ für Fachdisziplin übergreifendes Arbeiten haben soll, werden für die beteiligte interdisziplinäre Personengruppe die Nahtstellen zwischen den Gewerken in der Planung und Ausführung sichtbar. Als potenzieller Projektstandort wurde die Sonnenwelt am Sonnenplatz in Großschönau, Niederösterreich – ein Forschungs- und Kompetenzzentrum für Bauen und Energie – festgelegt. Das Zentrum verbreitet energieeffizientes und nachhaltiges Bauen und Sanieren (SONNENPLATZ, letzter Zugriff am 29.07.2014). Der im Passivhaustechnologie errichtete Sonnenwelt-Gebäudekomplex setzt sich aus drei Teilen zusammen: Linse und Halle, verbunden durch ein Zwischenglied, angeordnet in einer leicht versetzten L-Form. Darin untergebracht sind Empfang mit Buffet und Infobereich; Kassa, Merchandising und Eingang zur Ausstellung, Seminarräume, Veranstaltungssaal sowie Büros. In der Halle wurde eine fixe Ausstellung zum Thema Energie und Bauen installiert.

In einem Findungs- und Klärungsprozess wurde innerhalb der GrünAktivHaus-Gruppe eine Vision, die mit dem realen Projekt verfolgt wird, definiert: Ein ‚Leuchtturmprojekt’ soll geplant und gebaut werden, in dem Bauwerksbegrünung, Photovoltaik und LED (light-emitting diode)-Technologie in innovativen Synergien und Nutzen gezeigt werden.

Der Entwurf des GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekts. Vor der bereits bestehenden Ausstellungshalle des Sonnenplatzes Großschönau wird die Entwicklungschronologie der Fassadenbegrünung in sechs Feldern gezeigt, intelligent kombiniert mit einer Photovoltaikanlage, die Energie für Beleuchtung und Bewässerung produziert. Rechts vom Hallengebäude befindet sich das ‚Zwischenglied’, die Verbindung zur ‚Linse’ des zweiten Gebäudekomplexes. Davor wurden vier Spielhüttchen des Kinderspielfreiraums mit Gründächern ausgestattet (Kräftner und Olanovksaya, 2014).

 

Die Entwurfsidee des GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekts liegt darin, die Gewerke in einem verbindenden Projekt repräsentieren zu können. Unterschiedliche Fassadenbegrünungstypen, vom Spalierbaum über Ranker, Winder und Kletterer bis hin zu wandgebundenen Begrünungen sollen die Bandbreite dieser Begrünungstechnik und ihre Entwicklungschronologie vermitteln. Mit LED-Technik beleuchtet und kombiniert mit Photovoltaik (PV) wird zusätzlich der Stand der Technik für Beleuchtung und Energieproduktion aufgezeigt. Der Entwurf sieht daher sechs mit Holzrahmen begrenzte, der Hallenfassade vorgelagerte Felder (4 x 3 m) vor, die jeweils einen Fassadenbegrünungstyp repräsentieren. Dazwischen sind PV-Paneele angeordnet, die Energie für Bewässerung und Beleuchtung produzieren. Platziert ist die beschriebe Abfolge von Fassadenbegrünungen und PV-Paneele an der Südost-Fassade der Sonnenwelt-Halle. Um den Wirkungsgrad der PV-Paneele zu optimieren, wurden diese in einem spitzen Winkel zur Hallenwand angeordnet. Dadurch ergibt sich eine sanfte, auflockernd wirkende Zick-Zacklinie, abwechselnd bestehend aus Fassadenbegrünung und PV-Paneel. Staudenbeete und ein Weg mit versickerungsfähiger und luftdurchlässiger Wegedecke begleitet die Fassadengestaltung.
Um eine weitere Bauwerksbegrünungstechnik vorzuzeigen, sieht die Entwurfsidee die Ausstattung von vier Spielhüttchen, des an den Gebäudekomplex der Sonnenwelt anschließenden Kinderspielfreiraum, mit Gründächern vor. Die begrünten Hüttchen sind vor dem Zwischenglied in Eingangsnähe der Linse angeordnet.

Sechs mit Holz gerahmte Felder zeigen unterschiedliche Fassadenbegrünungstypen, kombiniert mit Photovoltaikpaneele, die zu einer energieproduzierenden PV-Anlage zusammengeschlossen sind. Begleitet wird die Schauanlage von einem entlangführenden Weg mit einer wasser- und luftdurchlässigen Wegedecke. In den ersten drei Feldern werden klassische bodengebundene Fassadenbegrünungen wie Spalierbaum, Seil- und Holzkonstruktionen mit Ranker und Winder sowie im Feld 3 Begrünung mit Kletterpflanzen auf einer Putzfassade den Besuchern und Besucherinnen näher gebracht (Pitha, 2014).

 

Alle sechs Felder der Fassadenbegrünung bestehen aus einer Metallunterkonstruktion, in die die Begrünungssysteme montiert wurden. Diese Metallrahmen sind auf Punktfundamenten aufgeständert. Gegen das Verkippen – weg von der Gebäudewand – wurden alle Metallrahmen mit Hilfe von Gewindestangen mit der Hallenwand verbunden. Um die Durchdringung der Passivhauswand möglichst gering zu halten, sind bei jedem Rahmen nur zwei Punktanker gesetzt.

Mittels Abstandshalter ist je Feld ein Holzrahmen aus Lärchen-Konstruktionsvollholz (KVH) vor die Metallunterkonstruktion gesetzt. Ein hölzener ‚Bilderrahmen’ entsteht, bei dem auf konstruktiver Holzschutz wie, Witterungsschutz durch Gebäudevordach oder Abstände zwischen Holzteilen geachtet wurde. Nach dem Ablängen und Bohren wurden alle Rahmenteile mit pigmentiertem Anstrich versehen, um einen optimalen und vollständigen UV-Schutz des Holzes zu ermöglichen. Für die Langlebigkeit dieses natürlichen Baustoffes ist somit bestmöglich gesorgt.
An der Rückseite aller sechs Holzrahmen wurden LED (Licht emittierende Diode)-Lampen montiert, wodurch eine indirekte Beleuchtung der Fassadenbegrünung bei Finsternis erzielt werden kann. Mit LED-basierenden Lichtlösungen kann bis zu 80 % Energie eingespart werden, im Vergleich zu herkömmlichen Beleuchtungssystemen (abhängig von Leuchtmitteln und entsprechender Anwendung). LEDs bestechen durch ein sehr großes Lichtspektrum (2.500 bis 10.000 Kelvin) und ein Farbwiedergabespektrum von rund 70 bis 90 %, mit hoher Flexibilität und breiter Gestaltungsvielfalt beim Einsatz.

Die drei ersten Felder geben einen Überblick zu bodengebundenen Fassadenbegrünungen, wobei die die Fassade begrünenden Pflanzen hierbei direkt aus dem Boden empor wachsen.
Feld 1 zeigt die klassische Fassadenbegrünung mit Spalierobst. Nutzpflanzen wie Obstbäume oder Weinreben werden hier traditionell an gitterartigen Konstruktionen befestigt und in eine gewünschte, für den Ertrag positive Wuchsform gebracht. Triebe müssen regelmäßig angebunden und somit gelenkt werden. Gepflanzt wurde  ein Apfelbusch der Sorte ‚Goldparmäne’, der in der Baumschule als Fächerspalier mittels Stäben vorgezogen wurde.

Im Feld 2 wachsen an Drahtseilen Ranker und Winder wie Winterjasmin, Clematis ‚The President’ und Geißblatt. Eingerahmt von zwei Holzgittern, die es Kletterrosen (‚The President’) ermöglichen, die Fassade zu erklimmen.
Anschließend daran wird in Feld 3 Fassadenbegrünung mit Selbstklimmern gezeigt, die ohne Kletterhilfe auskommen. Vor einer Putzfassade wurden Veitschi/Mauerkatze und Efeu als Repräsentanten dieses Fassadenbegrünungstyps gepflanzt.
Ein Staudenbeet mit Atlas-Schwingel, Frauenmantel, Taglilie, sibirische Schwertlilie, Nachtkerze, Aster und Zierlauch, abgedeckt mit einer Kiesmulchschicht, schließt die drei ersten Felder ab. Als Pflanzsubstrat wurde ein intensives Dachbegrünungssubstrat, dass mit ökologischen, wasserhaltenden Bodenzusatz vermengt ist, eingesetzt. Eine im Substratkörper eingelegte Unterflurbewässerung versorgt die Pflanzen direkt im Wurzelraum mit Wasser.

Die Felder 4, 5 und 6 repräsentieren wandgebundene Fassadenbegrünungssysteme in unterschiedlicher Ausführung (Enzi, 2014).

 

Die Felder 4, 5 und 6 sind Beispiele für wandgebundene Fassadenbegrünungen. Die Pflanzung wird hierbei direkt an der Fassade vorgenommen. Kein Bodenanschluss wird benötigt. Das Bepflanzungskonzept aller drei Felder sieht ein diagonal verlaufendes, wellenförmiges, beliebig erweiterbares Farbmuster bestehend aus mehreren Pflanzenarten vor.
Die wandgebundene Begrünung des Felds 4 setzt sich aus einzelnen Metallkassetten, die mit mineralischem Substrat gefüllt sind, zusammen. Aneinander gereiht, ergeben sie einen vollflächigen Vegetationskörper. In vorgegebenen Pflanzbereichen werden speziell vorgezogene Kleinballenpflanzen im 90°-Winkel zur Kassettenoberfläche gesetzt. Die Kassetten werden zuerst in der Horizontalen vorkultiviert und anschließend vor Ort bereits bewachsen montiert. Begrünt wird mit Polsterglockenblume, Riesensteinbrech, Storchenschnabel, Frauenmantel, Golderdbeere, Purpurglöckchen, Wasserminze, Knöterich und Erdbeere. An den Oberkanten der Kassetten sind Bewässerungsschläuche mit Tropfern eingebaut, wodurch die Wasserversorgung der Pflanzen ermöglicht wird.
Feld 5 kann als fassadengebundene Begrünung mit teilflächigen Vegetationsträgern, die linear angeordnet sind, bezeichnet werden. Metallwannen werden in Reihen Mann an Mann montiert, mit Drainagevlies ausgelegt und mit Substrat befüllt. Die Pflanzung mit Polsterflockenblume, Funkie, Riesensteinbrech, Storchenschnabel, Frauenmantel, Goldbeere, Purpurglöckchen, Wasserminze und Knöterich erfolgt vor Ort in handelsüblicher Topfballenqualität. Jede Pflanzrinne ist aus Bewässerungszwecken mit einem Tropfschlauch ausgestattet.

Mit dem Feld 6 wird ein Fassadenbegrünungssystem gezeigt, das aus einem vollflächigen Vegetationsträger besteht. Dieser wird aus mehreren Schichten – Wasser speichernder Substratersatzstoff und Vliesen – vor Ort aufgebaut. In diesem durchgehenden Vegetationsträger können vorkultivierte Topfballenpflanzen wie Polsterglockenblume, Riesensteinbrech, Storchenschnabel, Frauenmantel, Golderdbeere, Purpurglöckchen, Wasserminze, Knöterich und Erdbeere gesetzt werden und wachsen.

Zwischen den einzelnen Felder der Fassadenbegrünung wurde eine Photovoltaikanlage aus insgesamt zehn Photovoltaik-Zellen – jeweils zwei übereinander angeordnet – errichtet. Der Entwurf sieht eine senkrechten Ausführung der Paneele und eine Aufstellung nach Südosten vor, wodurch die Anlage im Jahr 1.100 KWh elektrische Energie produziert. Dies reicht für den Betrieb der Bewässerungsanlage und der LED-Beleuchtung aus.

Entlang aller sechs Fassadenbegrünungsfelder führt ein mit Stahlbändern eingefasster Weg mit einer wasser- und luftdurchlässigen Oberflächenbefestigung. Hierbei wurde auf einem tragfähigen Unterbau eine Wegedecke aus mit Kunstharz verbunden Edelsplitten aufgebracht. Der hohe Porenanteil erlaubt eine schnelle Versickerung von auftretenden Niederschlagswässern. Zusätzliche Entwässerungseinrichtungen sind daher nicht von Nöten. Durch die geringe Schichtdicke und die spezielle Zusammensetzung der Wegedecke fühlt sie sich beim Begehen angenehm dämpfend an. Schall, der bei Begehung bzw. Befahrung entsteht, fällt im Gegensatz zu herkömmlichen Decken wie z.B. aus Asphalt deutlich geringer aus.

Vier Spielhüttchen bekamen ein ‚grünes Dach’ und repräsentieren damit die Technik der Steildachbegrünung mittels Sedummatten und Schubsicherungen (Pitha, 2014).

 

Im Spielfreiraum direkt vor dem Sonnenplatz-Gebäudekomplex befinden sich vier Spielhüttchen in Holzbauweise. Die Giebeldächer wurden im Rahmen des GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekts mit extensiven Gründächern aufgewertet. Zur Anwendung kommen vorkultivierte Vegetationsmatten, verlegt auf Extensiv-Dachsubstrat. Zusätzlich verhindern in einem Netz eingehängte Schubschwellen aus Kunststoff das Abrutschen der Matten. Sieben verschiedene Sedumarten bewachsen nun die Dächer der Spielhüttchen.

Nahstellen des GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekts

Der interdisziplinäre, integrale Planungsprozess stellte die Planungsgruppe vor eine Vielzahl an Nahtstellen zwischen den Gewerken, für die gemeinsam unter der Leitung des Projektmanagements Lösungen gefunden werden mussten.
Der Architekt des bestehenden Gebäudekomplexes und Landschaftsarchitekten gaben entwurfstechnischen Input in die Planungsgruppe. Die Rolle des Bauherrn übernahm die Geschäftsführung des Sonnenwelt Großschönau. Fachexpertisen der betreffenden Gewerke Erdbau, Metallbau, Holzbau, Installation und Elektrik (Bewässerung, PV-Anlage, Blitzschutz und LED-Beleuchtung), Info/Didaktik, Haustechnik, GALABau und Wegebau konnten die teilnehmenden Fachfirmen bzw. wissenschaftlichen Partner und Partnerinnen einbringen. In einem mehrwöchigen Prozess wurde in Klein- und Großgruppenmeetings beginnend von der Entwicklungsphase über die Vorbereitungsphase, Vorentwurfsphase, Entwurfsphase bis hin zur Ausführungs- und Abschlussphase das Leuchtturmprojekt unter realen Bedingungen durchgespielt. Planliche Darstellungen in unterschiedlichstem Detaillierungsgrad, Beschreibungen von Abläufen, Zeitpläne, Kostenkalkulationen und Finanzierungspläne wurden gemeinsam entwickelt, diskutiert, verworfen und entschieden, bis hin zur Umsetzung vor Ort mit Baustellenkoordination und –abwicklung. Immer in Anbetracht des gemeinsamen zu Beginn gesetzten Ziels.
In diesem Prozess konnten Nahtstellen des oben beschriebenen Bauobjekts identifiziert werden:

– Architekt – Landschaftsarchitekt: Abstimmung des Entwurfes und gestalterischer Aspekte
– Architekt – Landschaftsarchitekt – andere Gewerke: Abstimmung des Entwurfes und der gestalterischen Aspekte hinsichtlich technischer und vegetationstechnischer Machbarkeit
– Erdbau – Gebäudebau/Fassadenbau: Feststellung des baulichen Bestandes und Fundamentierung des Gebäudes für Grenzen und Dimensionierung der Erdbauarbeiten
– Erdbau – Wegebau: Koordination des Aushubs und Wegeunterbaus
– Erdbau – Metallbau: Koordination des Aushubs und der Dimensionierung der Rahmenfundamente
– Erdbau – Haustechnik: Absprach bezüglich vorhandenen und verlegten Leitungen (Leitungsplan)
– Wegebau – Gebäudebau/Fassadenbau: Abklärung des Anschlusses ans Gebäude, Eingangssituation
– Metallbau – Gebäudebau/Fassadenbau: Abklärung der Montagemöglichkeit von Rahmenkonstruktion an der Hallenwand unter Berücksichtigung der Passivhaustechnologie
– Metallbau – GALABau: Abstimmung der Rahmendimension bezüglich Größe der Fassadenbegrünungssysteme, Anschlusspunkte für Montage sowie Montagelösung
– Metallbau – Holzbau: Montagepunkte und –lösung für Holzrahmen sowie Holzgitter/Kletterhilfe
– Metallbau – Energietechnik (PV-Anlage): Montagepunkte und –lösung für Leitungsführung und Unterkonstruktion der PV-Paneele
– Holzbau – Info/Didaktik: Montagelösung für Infotafeln
– Holzbau (Holzgitter) – GALABau/Fassadenbegrünung: Abstimmung der Kletterhilfe auf Bedürfnisse der Pflanzen
– Holzbau (Spielhüttchen) – GALABau/Gründach: Klärung der Statik (Mehrlast durch Gründach) – Verstärkung der Dachkonstruktion
– Bewässerungstechnik – GALABau (Fassadenbegrünung und Staudenbeet): Verlegetechnik von Bewässerungsschläuchen und Sensoren in Abstimmung mit Begrünungssystemen, Pflanzen bedarfsgerechte Steuerung der Bewässerung
– Bewässerungstechnik – Haustechnik: Abstimmung des Anschlusses an bestehendes Wassernetz
– Energietechnik (PV-Anlage) – Landschaftsarchitekt: Abstimmung von Ausrichtung der PV-Anlage mit Entwurf
– Energietechnik (PV-Anlage) – Bewässerungstechnik: Abstimmung hinsichtlich Bedarf, Anschluss und Leitungsführung
– Energietechnik (PV-Anlage) – LED-Beleuchtung: Abstimmung hinsichtlich Bedarf, Anschluss und Leitungsführung
– Energietechnik (PV-Anlage) – Blitzschutz: Abstimmung des Anschlusses
– Blitzschutz – Haustechnik: Abstimmung des Anschlusses an ein bestehendes Blitzschutzsystem
– LED-Beleuchtung – Haustechnik: Abstimmung des Anschusses

Im interdisziplinären und integrativen Planungsprozess konnten anhand des GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekts eine Vielzahl an Nahtstellen von Gewerken erkannt werden. Die gemeinsame intensive Planungsarbeit erlaubte die Findung von Lösungen zu jeder Nahtstelle. Bedürfnisse, Arbeitsweisen und –techniken von anderen Gewerken konnten kennengelernt werden. Eine neue Sensibilisierung zwischen den Gewerken und Fachdisziplinen fand statt. Die Grafik zeigt beispielshaft, die am Leuchtturmprojekt beteiligten Gewerke und deren Nahstellen zueinander (Pitha, 2014).

 

Damit wird klar ersichtlich, dass beim Zusammentreffen von mehreren unterschiedlichen Gewerken, die gemeinsam ein energieeffizientes, nachhaltiges und begrüntes Bauobjekt planen und ausführen sollen, eine Bandbreite an zu klärenden Nahstellen auftauchen. Nahtstellen sind immer Bauobjekt spezifisch und auf dieses abzustimmen. Jedoch können viele von Ihnen generell auf andere Bauobjekte umgelegt werden (z.B. Bewässerungstechnik – GALA-Bau: Abstimmung der Bewässerung und Steuerung, Metallbau – GALABau: Abstimmung von Montagepunkte und Montagelösungen von Kletterhilfen auf vorgehängten Fassadenkonstruktionen). Wichtig erscheint, dass sie zum richtigen Zeitpunkt, also bereits im Planungsprozess erkannt werden, damit ein gegenseitiges Reagieren in der Planung statt finden kann.

 

Fazit

Durch den intensiven Austausch innerhalb der Planungsgruppe während des interdisziplinären und integralen Planungsprozesses könnten für alle oben aufgezeigten Nahstellen im Rahmen des Leuchtturmprojekts Lösungen gefunden werden. Als besondere Herausforderungen galt es eine gemeinsame ‚Sprache’ zu finden. Jedes Gewerk hat seine Fachtermini, die für die anderen beteiligten Gewerke ‚übersetzt’ und damit verständlich gemacht werden müssen. Besonders in der Umsetzungsphase war die Baustelle des Leuchtturmprojekts multinational besetzt. Die Verständigung erfolgte auf Deutsch, Englisch, Ungarisch, Slowakisch, Tschechisch, Polnisch und Rumänisch. War die sprachliche Barriere zu groß, halfen grafische Darstellungen. Pläne sind somit unumgängliche Instrumente, die helfen, gemeinsame Lösungen für Nahstellen zu finden, diese für beide Gewerke klar darzustellen sowie für spätere Phasen (z.B. Ausführungsphase) festzuhalten.

Jede Fachdisziplin hat ihre eigene Fachsprache – das Finden einer gemeinsamen Kommunikationstechnik und -ebene ist unumgänglich. Grafische Darstellungen helfen vor Ort auf der Baustelle Klarheiten über interdisziplinäre technische Lösungen (Pitha, 2014).

 

Herausgestellt hat sich jedoch auch, dass die Gewerke fachlich unterschiedliche Darstellungstechniken benutzen. Manche Gewerke verzichten sogar auf eine planliche Darstellung. Auch hier ist eine Abstimmung bzw. Vorgabe durch das Projektmanagement unumgänglich, damit Missverständnissen vorgebeugt ist.

Nicht alles ist planbar! Baustellen haben ihre Tücken. Spontanes und kreatives Handeln ist angesagt. Die Gegebenheiten in der Ausführungsphase haben sich zur Planungsphase geändert. Neue Vorgaben durch den Bauherrn zwingen die zwei am Leuchtturmprojekt beteiligten Bewässerungsfirmen gemeinsam, direkt auf der Baustelle eine neue technische Lösung für den Anschluss der Bewässerungsanlage an die Ortswasserleitung zu finden (Pitha, 2014).

 

Interessant erschien auch, in unterschiedliche Betriebe und deren Abläufe Einblick zu bekommen. Jedes Unternehmen verfolgt seine eigene Firmenphilosophie, die zum Teil sehr konträr sind. Zusätzlich agieren Menschen je nach Persönlichkeit verschieden. Auch dies ist in der Kommunikation, Absprache und Zusammenarbeit abzuloten und abzustimmen. Innerbetriebliche Kommunikation, also die Weitergabe von Informationen zwischen den Betriebsebenen (Leitung, Planung, Ausführung) gilt ebenso als Herausforderung, die es zu meistern gilt.
Nichts destotrotz, hat sich beim gemeinsamen Planungs- und Bauprozess gezeigt, dass der erhöhte Aufwand in der Planungsphase sich gelohnt hat. Viele Lösungen für die Nahtstellen konnten bereits vorab gefunden werden. Einige Nahtstellen haben sich erst direkt auf der Baustelle gezeigt – Lösungen dafür mussten vor Ort entwickelt werden. Hier ist Kreativität, Spontanität und lösungsorientierte Denken sowie Handeln von allen betroffenen Gewerken gefragt! Wissenstransfer zwischen den Gewerken, also ein Kennen der Anforderungen der anderen Fachdisziplin, ist hierbei essentiell. Weiterbildung und stetiges Qualifizieren im eigenen Gewerk, aber auch Gewerke übergreifend ist somit unumgänglich.
Auch wenn der interdisziplinäre, integrale Planungsansatz Zeit- und Kostenressourcen bindet, führt er letztendlich zu qualitativ hochwertigen Bauobjekten. Dieser Benefit sollte für Planende, Investoren, Entscheidungsträger und Unternehmen ausschlaggebend sein, diesen Invest in der Planungsphase zu wagen. Nur dann entstehen langlebige und nachhaltige energieeffiziente und begrünte Gebäude für zufriedene und glückliche Besitzer/Besitzerinnen bzw. Nutzer/Nutzerinnen.

Das GrünAktivHaus-Leuchtturmprojekt – nach Fertigstellung – gliedert sich in die Ausstellung der Sonnenwelt ein. Besucher und Besucherinnen zeigten großes Interesse am Eröffnungstag (Pitha, 2014).

 

Literaturquellen

ACKERMANN, Andreas (letzter Zugriff am 29.07.2014): Integrale Planung nachhaltiger Gebäudekonzepte. Chancen und Aufgaben des Projektmanagements. https://www.hft-stuttgart.de/…Andreas%20Ackermann/en/download.

ASI Austrian Standard Institute (2009): ÖNORM B 1801-1:2009 ‚Kosten im Hoch- und Tiefbau – Kostengliederung’.

GRÜNAKTIVHAUS (letzter Zugriff am 29.07.2014): www.grünaktivhaus.at – Website des Forschungsprojekts GrünAktivHaus – Bauwerksbegrünung trifft erneuerbare und nachhaltige Energie- und Bautechnik.

HOAI (2012): VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen. HOAI – Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Deutscher Taschenbuch Verlag, 27. Auflage, Mai 2010.

KOVACIC, Iva (letzter Zugriff am 29.07.2014): Über Integrale Planung zur Nachhaltigkeit: Entwicklung einer Planungsmethodik. https://www.publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_219310.pdf.

SONNENPLATZ (letzter Zugriff am 29.07.2014): http://www.sonnenplatz.at oder http://www.probewohnen.at, Sonnenplatz Großschönau, A-3922 Großschönau, Sonnenplatz 1. Telefon +43 (0) 2815/77270, Fax +43 (0) 2815/77270 DW 40, Mail office[at]sonnenplatz.at  oder office[at]probewohnen.at.

Bildquellen: 

Ulrike Pitha und Vera Enzi, Universität für Bodenkultur Wien, Instiut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau, Peter-Jordan-Strasse 82, 1190 Wien, Österreich.

Joachim Kräftner und Olga Olanovksaya, Kräftner Landschaftsarchitektur, Technisches Büro für Landschaftsplanung und –architektur, Westbahnstrasse 7/25, A-1070 Wien, Österreich, http://www.buerokraeftner.at.